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Philosophisches

Die Mystik an Weihnachten

Minus einskommasieben Grad Celsius, mir steigt der Tabakgeruch in die Nase, als ich die Tür öffne. Ein älterer Herr mit Hut und Stock läuft Pfeiffchen paffend vor mir her. Es fühlt sich kalt an hier draußen, der Schnee matscht dennoch vor sich hin. Währenddessen rieselt es neue Flocken vom Himmel.

Sonst ist nichts los. Wie immer um diese Zeit. Es ist schon dunkel, aber erst kurz nach fünf. Daran liegt es nicht. Es ist diese magische Spannung rund um die Weihnachtsfeiertage. In dieser Zeit bekommt man das Gefühl, die Welt drehe sich nur noch mit halber Geschwindigkeit, während die Familien mit Braten, Kindern und Großeltern schmatzend um den Weihnachtsbaum sitzen.

Der Schnee knirscht unter meinen Füßen. Hier ist er noch fast unberührt. Lediglich eine Krähe tappte vor mir auf ihm herum und flog in Windeseile davon, als ich mich näherte. Man sieht sie, die Bäume. Sie strahlen in heller Pracht durch die Fensterscheiben der Einfamilienhäuser. Die Freude wird nur kurz sein, denke ich mir. Spätestens, wenn er nadelt machen sich die Mütter wieder Stress. Ebenso, wenn ihn Vater abbauen und nach draußen tragen soll. Das passt ihm dann wieder nicht in den Kragen.

“Komm Lilly, komm”, ruft eine ältere Dame und reißt mich damit aus meinen Gedanken. Sie meint ihre Hündin. Lächelnd läuft sie an mir vorbei. Ich wünsche ihr ein frohes Fest, doch sie reagierte nicht. Wahrscheinlich war sie zu sehr damit beschäftigt, den nächsten Kothaufen in die dafür vorgesehene Tüte zu verfrachten. Oder sie gehörte – wie viele Städter – einfach zu der Fraktion der von Grund auf unfreundlichen Menschen. Jedenfalls war sie es nicht wert, ihr noch einmal nachzublicken.

Die Kaiserteiche – der beliebteste Ort zum Schlittschuh fahren in Hanau – waren wie ausgestorben. Keiner tobte auf dem Eis herum. Nichts ist mehr da, von den zahlreichen Fahrradfahrern die hier, auf Route 9, ihre Wege kreuzen. Keine Damen mit Walkingstöcken und kein weiterer Spaziergänger – außer mir.

So ist das an Weihnachten. Die Welt bleibt für ein paar wenige Momente des Jahres stehen, direkt nach dem tagelangen Stress, das oft nur gespielte Fest perfekt zu gestalten. Mich hingegen zieht es nun langsam wieder zurück ins Warme. Zu einem Kaffee und einem Stück Weihnachtsstollen, denn mein Magen fängt an zu grummeln. Mal sehen, aus welchen Häusern nächstes Jahr noch ein Weihnachtsfest zu vernehmen ist…

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